Intra Muros von Alexis Michalik
Intra Muros von Alexis Michalik

Intra Muros von Alexis Michalik

Ein Theaterstück über das Theaterspielen

und die Frage: was Theater ist, ein Spiel?!

Das ist Theater, es ist nur ein Spiel

Richard in Intra Muros

Intra Muros ist ein von Alexis Michalik geschriebenes Theaterstück, das in vielen Teilen einem Film ähnelt. Ins Deutsche übersetzt wurde es von Kim Langner, die es als „Liebeserklärung ans Theater“ sieht. Mit dem Ensemble des Theater Trier wurde Intra Muros das erste Mal auf Deutsch im Rahmen der rheinland-pfälzischen Theatertage 2022 gezeigt. 

Es handelt von einem Theaterworkshop in einem Gefängnis, bei dem Inhaftierte die Möglichkeit bekommen, durch das Theaterspielen ihre Situation und Gefühlslage widerzuspiegeln. Jedoch ist dies nur die Rahmenhandlung. Der Regisseur Richard (Harald von Pilchau) leitet den Workshop gemeinsam mit seiner Ex-Frau Jeanne (Luiza Braz Batista) für nur zwei erscheinende Insassen, den älteren Ange (Michael Hiller) und den jüngeren Kevin (Giovanni Rupp). Eine weitere Figur namens Alice (Anna Pircher), eine junge Sozialarbeiterin, nimmt eine deutlich wichtigere Rolle ein, als vorerst angenommen.

Das einfache Bühnenbild besteht aus Mauerbruchstücken um die sich die Zuschauer verteilen. Der Zuschauer erhält im Folgenden einen Einblick in das versteckte Leben zwischen den Mauern, während er glaubt sich außerhalb dieser zu befinden. Der durch die Mauern abgegrenzte und zugleich offene Raum ist nicht konstant. Mal zeigt er das Gefängnis, mal ein Krankenhaus oder ein Restaurant. Auch die Requisiten sind minimalistisch gehalten. Die allermeisten werden lediglich pantomimisch gezeigt. Hier erkennt man den französischen Einfluss auf das Stück.

Im Gegensatz zu der dezenten Verwendung der Requisiten, wird das Stück die gesamte Zeit mit vielfältigen Lichteffekten begleitet. Diese spiegeln die Gefühlswelt der einzelnen Rollen wider, besonders bei Rückblicken.

Das Stück enthält mehrere Ebenen. Für den Zuschauer beginnt das Stück, indem er dem Regisseur, Jeanne und Alice in das Gefängnis folgt. Im Laufe des Workshops kommen die Geschichten hinter den Insassen Kevin und Ange ans Licht. Die beiden sind beinahe gegensätzlich. Der von seiner Wut auf die Welt zerfressene Kevin und der stumme Ange, der zurückgezogen kaum Kontakt oder Dialog sucht. Die selbsterrichteten Mauern der Rollen brechen mit der Zeit. Das Theaterspielen entfaltet eine therapeutische Wirkung, reißt die inneren Mauern ein. Jedoch ist schwer zu unterscheiden, welcher Teil der Geschichten nur in den Köpfen der Rollen wieder auflebt und welcher im Zuge des Workshops nachgestellt wird. Für den Zuschauer verschwimmt die Grenze zwischen Theaterworkshop und Vergangenheit. Die richtige zeitliche Abfolge wird nur nach und nach aufgedeckt und den Überblick erhält man ohnehin erst nach dem Stück. Vielleicht dauert es auch bis zum nächsten Morgen, um sich über alle Details bewusst zu werden. 

Schließlich stellen sich die Gefangenen nicht nur ihrer Vergangenheit, sondern auch ihre Zukunft. So wird Ange das Treffen mit seiner „imaginären“ Tochter möglich und Alice kann ihren Vater umarmen.

Die Darsteller spielen trotz häufigem Wechsel zwischen verschiedenen Rollen immer überzeugend, aber zunächst sehr zugespitzt. Es scheint als gebe es keine normale Stimmung.  Als würde jedes Gefühl entweder gar nicht oder alleine die Rolle beherrschen. Als würde die Rolle nur aus diesem Gefühl bestehen. Ein Wechsel zwischen Extreme, zwischen schwarz und weiß, ohne Abstufung. Dadurch ist es dem Zuschauer erschwert einen Höhepunkt zu erkennen. Doch die Rollen sind so fesselnd, dass man seinen Blick nicht von dem Spiel abwenden kann.
Was ist Theater? Warum schauen wir es? Was sehen wir? Wie kann Theater Menschen bei ihren Problemen helfen, auch bei den ganz alltäglichen? Wie kann es so viele unterschiedliche Persönlichkeiten über alle Mauern hinweg verbinden? Mauern wie soziale Schichten, wie das Alter, wie politische Ansichten. Dieses Stück ist ein Versuch einer Antwort, einer Antwort des Autors, vielleicht auch der Regisseurin. Doch letzten Endes bleibt es eine individuell zu beantwortende Frage. Doch Intra Muros hilft, darüber ins grübeln zu kommen, und ist alleine deshalb sehenswert.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert