Sphynx, was macht uns menschlich?
Aus dem „alltäglichen“ Laufen macht Rafaële Giovanola zusammen mit ihren 13 Tänzer*innen etwas Individuelles und lässt damit die Grenzen zwischen Mensch und Wesen verschmelzen. Ausgehend von dem Rätsel der Sphinx: „Was ist der Name dieses Wesens, es erscheint am Morgen auf vier, am Mittag auf zwei und am Abend auf drei Beinen.“ entwickelten die Tänzer*innen ihren persönlichen Laufstil. Dabei kann jedes Körperteil mit einbezogen werden und jeder frei agieren.
Die Aufmerksamkeit der Zuschauer*innen werden mit einem einfachen Ticken geweckt. Eröffnet wird das
Stück von Thomas Van Praet, welcher die großteils leere Bühne betritt, dabei setzt er bewusst kleine Schritte und rollt sorgfältig über die ganze Fußsohle ab. Auch wenn das Treiben um ihn herum zu nimmt bleibt er seinem Tempo treu und zieht unbeirrt seine Bahnen. Außer vier schwarzen säulenartigen Vorhängen im Hintergrund lässt die Bühne viel Raum. Auch ohne feste Choreografie wirkt das Zusammenspiel der einzelnen Bewegungen harmonisch und lässt den Tänzer innen die Freiheit ihre eigenen Ideen einzubringen. Als Zuschauer hat man den Eindruck es würde eine feste Choreografie geben. Umso überraschender ist es im Nachgespräch zu erfahren, dass es „nur“ einen roten Faden gibt, an dem sich die Tänzer*innen orientieren. Durch das ganze Stück hinweg greifen die einzelnen Tänzer*innen immer wieder auf ihre persönlichen Bewegungsmuster zurück. Die Intensität der Ausführungen dieser variiert dabei. Es wechselt zwischen gemeinsamen Richtungen, zum Beispiel nach vorne und hinten, sowie rechts und links, und individuellen Laufbahnen. Dabei können sich Wege kreuzen, wodurch ungeplante Duette entstehen, bei denen jedes Mal ausgehandelt wird wer sich in seinen Bewegungen angleicht. Anfangs wirken alle wie Fremde und im Laufe des Tanzes agieren die Tänzer*innen mehr als Gruppe. Sie finden sich in einer dicht gedrängten Gruppe zusammen und bewegen sich über die Bühne, bis sie das Stück mit einem Standbild beenden. Parallel dazu geht das Licht aus, die Musik verklingt und man hört nur lautes Atmen. Auffallend ist, dass das Zusammenspiel zwischen Tanz und Musik perfekt aufeinander abgestimmt ist.
Laut der Regiehospitantin Pauline Lenhardt liegt dies daran, dass die Musik live während den Proben entwickelt wurde.
Bekleidet sind die Tänzer*innen in Sportmode, diese wird im Fortgang des Tanzes reduziert und somit einheitlicher. Obwohl das Stück nach Aussage der Regiehospitantin Pauline L. keinen tieferen Sinn hat, fesselt es die Zuschauer*innen. Es lässt dem Publikum Raum für eigene Interpretationen und regt es zum Nachdenken an. Besonders präsent ist die Individualität jedes einzelnen Menschen, welche die Tänzer*innen gelungen verkörpern. Der Tanz hat eine hohe Qualität. Alle Tänzer*innen bewegen sich einzigartig und ziehen die Zuschauer in ihren Bann.
Gerade als junger Mensch, gewinnt man eine neue Perspektive auf die Frage was alltäglich ist. Der Tanz schafft es auf elegante Weise aus komisch wirkenden Bewegungen etwas Wunderschönes zu machen. Er könnte auch den Kreislauf des Lebens
widerspiegeln, oder wie Fremde zu Bekannten werden. Auffallend ist, dass die Darsteller*innen ihre Bewegungen zwar individuell halten, dennoch aufeinander abstimmen. „Die Tänzer*innen haben wochenlang trainiert sich gegenseitig
wahrzunehmen.“ , erzählte uns Pauline Lenhardt. Dies hat sich ausgezahlt und man spürt dies beim Zuschauen.
Durch den Tanz hinweg gibt es „Energiefelder“, diese dienen als Orientierung für die anderen Tänzer*innen. Die Felder wirken auf die Darsteller*innen und so passen sie sich gegenseitig an einander an. Ein Beispiel hierfür ist der Tänzer Thomas Van Praet, welcher Ruhe ausstrahlt. Sie geben dem Tanz eine Richtung, in die er sich entwickelt. Genauso gibt es auch wildere und stärkere Energiefelder, die jeweils von anderen eingenommen werden.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Sphynx ein sehr gelungenes Stück ist, dass auf die verschiedensten Weisen zum Nachdenken anregt.