Der britische All Star
Chris Thorpe ist ein aus Manchester stammender, 47-jähriger Schriftsteller von diversen Dramen und war auch schon selbst als Performer und Regisseur tätig. Wir hatten das Glück, ihn interviewen zu können und ihn so besser kennenzulernen, aber auch die internationale Theaterarbeit besser verstehen zu können.
Chris Thorpe arbeitet sehr viel in Deutschland und versucht alle Shows im Mainzer Theater zu sehen. Doch sein Werdegang zum Schriftsteller ist ein amüsanter.
Im Alter von 17 Jahren, wollte er an einer Universität Amerikanische Literatur studieren. Er musste 5 Kurse, die einen bestimmten Code hatten, wählen. Doch „leider“ trug er den falschen Code ein und landete dann in einem Theaterkurs. Eigentlich hatte Chris keine Ahnung von Theater, doch wurde er zu einem Interview eingeladen, wo er sich irgendetwas ausdachte.
Zu seiner Überraschung waren die Reaktionen positiv und schon war er in einem Kurs mit vielen verschiedenen Menschen. Zwar war das Schauspiel entsprechender Personen noch nicht ausgearbeitet, jedoch konnten sie alle sich durch Kommunikation und Fehler stets verbessern. Angefangen hat er in einer Gruppe als Autor, wie in einer „Band‘‘.
Als er gefragt wurde, ob er Theater oder Film bevorzugt, entschied er sich für das Theater, weil es für das Publikum eine einmalige Erfahrung ist und man dort mehr riskiert als bei einem Filmdreh.
Als Schriftsteller und Performer jedoch bevorzugt er die Arbeit eines Performers, weil er in diesem Milieu gute Konversationen starten und halten kann. Er selbst wird angespannt, wenn er sich sein eigenes Stück anschaut, weshalb man ihn in seinen eigenen Stücken manchmal auf der Bühne vorfindet. Beispielsweise erwähnte er, dass er ein detailliertes Stück für ein Theater in London geschrieben habe und der Regisseur jedoch es so sehr verändert hat, dass Chris es sogar besser fand.
Doch hat der Brite auch Methoden oder eine bestimmte Vorgehensweise, Stücke zu schreiben?- Nein, nicht wirklich. Sein Ablauf besteht aus: aufschreiben – weglegen – nochmal lesen – es hassen – aufhören – Pause – nochmal schreiben – und es dann doch noch zeitlich beenden. Er findet außerdem, dass man als Autor keine besondere Methode haben muss, man sollte sich besser selbst kennen. Ein Spruch, der uns allen im Kopf blieb, war „Don’t be afraid to speak to people, no one (in theatre) knows what they are doing“ zu deutsch: „Hab keine Angst Leute anzusprechen, denn niemand (im Theater) weiß, was er oder sie eigentlich macht.”
Er findet es gut, wenn man als Autor oder Performer etwas sagt, worüber er nie nachgedacht hat. Er scheint eine Vorliebe für das Unerwartete und Unbekannte zu haben.
Das Theater in Mainz zählt für ihn als eines seiner liebsten Theater – hier fühlt es sich mehr wie ein Zuhause als im Theater in Berlin an, meinte er im Gespräch mit uns. Jedoch interessiert er sich auch für Orte, die etwas anders sind, so wie beispielsweise das Theater Invisible Dog oder ein kleines Theater in New York, das eine alte Fabrik ist. Der Platz und die redseligen Leute dort ziehen ihn an.
Sein Lieblingsstück, was er selbst geschrieben hat, ist sein erstes Stück. Er verfasste es in nur 3 Tagen aufgrund einer Deadline und es wurde zu einem Erfolg.
Wie man in seinen Stücken erkennen kann, ist die wichtigste Frage die er sich immer stellt „Warum?“, als Beispiel gab er uns „Warum sind wir Menschen so schlecht darin zu akzeptieren, dass wir Fehler machen?“. Was ihm vorallem hilft seine Stücke zu verfassen ist Kommunikation. Dies erwähnt er auch immer wieder.
Als wir ihn fragten was ihm am meisten hier in Deutschland gefällt, gab er uns eine recht interessante aber dennoch amüsante Antwort: Ihm gefallen insbesondere die Supermärkte, aufgrund ihrer guten Struktur und der Möglichkeit zu gesunder Ernährung. Auch die Menschen, die eine höhere Diskussionsbereitschaft haben, als in Großbritannien, interessieren ihn sehr. Was er aber am schönsten findet, sind die Frachter auf den Flüssen, von deren Existenz er, bis er das erste Mal nach Deutschland kam, noch nicht einmal wusste.
Als wir ihn fragten, ob er etwas „typisch britisches“ an sich hat, erzählte er uns, dass er oft eine Tasche mit englischem Tee mit sich führt, weil er deutschen Tee nicht mag, Auch flucht er sehr oft, dies kann man sehr schnell in seinen Stücken erkennen. Er bevorzugt Tee, wenn er die Wahl zwischen dem wässrigen Heißgetränk und Bier hat.
Im Mainzer Staatstheater eröffnete Chris vor Kurzem einen Workshop für andere Autoren, nicht um ihnen dort Tipps zu geben oder sie zu unterrichten, nein, sondern damit alle sich gegenseitig Vorschläge geben können um sich zusammen zu verbessern. Auch da ist die Kommunikation sehr wichtig, denn wenn man sich keine Mühe gibt kommen Gespräche wie diese nicht zustande, er will dass man bestimmte Sachen austestet, was man sich früher nie wirklich zugetraut hat. Ihm ist auch wichtig vor allem jungen Autoren die Möglichkeit zu geben, sich auszutauschen.
Als wir mitbekommen haben, dass er zurzeit an einem neuen Stück mit den Namen Family Business arbeitet, wollten wir mehr dazu wissen und er erzählte uns, wie er überhaupt darauf kam.
Nach einer Aufführung kam eine Frau zu ihm und mochte sein Stück. Beide kamen ins Gespräch und die Frau erzählte ihm, dass sie Diplomatin war und an einem Vertrag zum Verbot von Atomwaffen mitarbeitete. Chris Thorpe fand es so interessant, dass normale Menschen große Probleme lösen können und wollte unbedingt ein Stück darüber schreiben. Es geht um eine Familie, die seit Generationen Diplomaten sind. Außerdem sagte er auch, dass Überleben „Familien Sache“ ist.
Am Ende, als wir ihn gefragt haben, was er sich erhofft was die Zuschauer fühlen werden, wenn sie das Theater verlassen, sagte er uns dass er will, dass man auf bestimmte Situationen auch anders hinschaut, dass alles detaillierter wird und die Welt etwas anders aussieht. Ebenfalls will er, dass wir wissen, dass große globale, lokale und auch private Probleme voneinander abhängig sind.